Argumente

Der Langzeitstudent – ein deutsches Unikum?

In einem Beitrag des Blogform-Projektes Readers Edition geht es um das Phänomen der angeblich so langen Studiendauer in Deutschland: Wenn’s mal wieder länger dauert - Das deutsche Trauma von der Studiendauer

Im Gegensatz zu gängigen Vorurteilen und öffentlichen Diskreditierungen wird hier der Frage nachgegangen, warum es eigentlich nur in Deutschland die vermeintlichen Langzeitstudenten gibt.

Ein Blick auf die Studie Eurostudent Report 2005 macht deutlich, dass sich Langzeitstudierende in Deutschland in Sachen Dauer und Abschlussalter zwar im internationalem Spitzenfeld, doch in trauter Gesellschaft etwa mit Finnland, Österreich und anderen bewegen.

Dennoch sind Langzeitstudierende durch die Bologna-Reform bedroht - auch wenn es nach einer Studie des HIS zu Studiendauer in zweistufigen Studiengängen noch Hoffnung für Langzeitstudenten zu geben scheint: Die beschleunigende Wirkung des Bologna-Prozesses ist hier zumindest umstritten.

Eine weitere deutsche Besonderheit scheint nach der HIS-Studie das komplette Fehlen von Möglichkeiten des Teilzeitstudiums zu sein:

Alle untersuchten Hochschulsysteme, die sich durch die weitgehende Einhaltung vorgegebener Studienzeiten auszeichnen, weisen vielfältige Teilzeitstudienangebote auf. In Deutschland dagegen fehlt es in den allermeisten Hochschulen an solchen Studiengängen.

Die Langzeitstudis gegen Studiengebühren haben auf diesen Zusammenhang schon mehrfach aufmerksam gemacht, so im Beitrag Teilzeitstudis = Langzeitstudis:

Schnell werden dadurch aus einfachen Teilzeitstudierenden sogenannte problematische Langzeitstudenten - die durch schikanöse Zwangsberatungen und Zwangsauflagen aus der Universität gemobbt werden sollen.

Wir, die Langzeitstudis gegen Studiengebühren, fordern daher eine individuelle Studienplanung für alle! Schluss mit den lächerlichen Beschleunigungsversuchen durch Zwangsberatungen und Studienreformen!

Teilzeitstudis = Langzeitstudis

Wie das Online-Magazin Telepolis berichtet, bezeichnen sich nach einer Umfrage des neokonservativen Centrums für Hochschulentwicklung zwischen 12,3 und 32,8 aller Studierenden als Teilzeitstudierende. Auch die 17. Sozialerhebung der Studentenwerke geht davon aus, dass rund 1/4 aller Studierenden ein Teilzeitstudium absolvieren:

Ein nicht unerheblicher und in den letzten Jahren zunehmender Prozentsatz jedoch praktiziert de facto ein Teilzeitstudium ohne entsprechende formale oder organisatorische Voraussetzungen an den Hochschulen (z.B. in Form entsprechender Studienordnungen).

Doch auf diese Form des Studiums sind die Universitäten nicht eingestellt - anstatt flexiblere Studienmöglichkeiten zu schaffen, wurden in den letzten Jahren immer mehr Studiengänge auf verschulte Bachelorstudienordnungen umgestellt. Mehr Anwesenheitskontrollen und Pflichtveranstaltungen machen die flexible Studiengestaltung fast unmöglich. Die Teilzeitstudierenden werden als Problemfall behandelt.

Sie verzögern den von BDI-Präsident Jürgen R. Thumann jüngst geforderten Umbau von Bildungsanstalten in Wissensunternehmen und passen ohnehin schlecht ins Konzept der stromlinienförmigen, vom optimalen Zeitmanagement diktierten Bachelor- und Masterstudiengänge.

Nach § 22 des Berliner Hochschulgesetzes haben die Hochschulen die Studiengänge so zu organisieren und einzurichten, dass ein Teilzeitstudium neben einer beruflichen Tätigkeit möglich wird.

In der Satzung für Studienangelegenheiten der FU Berlin ist das Teilzeitstudium im § 9 geregelt und kann beantragt werden, wenn Studierende

...bei der Immatrikulation oder jeweils bei der
Rückmeldung erklärt haben, dass sie im folgenden
Semester wegen einer gleichzeitig ausgeübten
beruflichen Tätigkeit oder einer vergleichbaren
zeitlichen Belastung nicht mehr als die Hälfte des
nach der Studienordnung für das Vollzeitstudium
vorgesehenen Studienumfangs aufwenden können
und das vorhandene Lehr- und Betreuungsangebot
als Teilzeitstudentinnen oder Teilzeitstudenten in
Anspruch nehmen wollen...


Alle Semester im Teilzeitstudium werden als halbe Fachsemester und volle Hochschulsemester gezählt. Damit verlängern sich automatisch die für die Zwangsberatungen entscheidenden Fachsemesterzahlen. Lediglich in den Richtlinien zur Zwangsberatung an der FU Berlin wird auch auf die Möglichkeit des Teilzeitstudiums hingewiesen.

Hält die Studentin oder der Student auch die aufgrund der persönlichen Umstände reduzierten Anforderungen für nicht erfüllbar, ist sie oder er auf die Möglichkeit hinzuweisen, eine Beurlaubung oder ein Teilzeitstudium zu beantragen. Die Frist zur Vorlage der Nachweise wird entsprechend verlängert, wenn eine Beurlaubung vom Studium oder ein Teilzeitsstudium erfolgt.

Mit dem Teilzeitstudium sind jedoch auch erhebliche Nachteile verbunden, wie einer Informationsbroschüre des Beauftragten für behinderte Studierende an der FU Berlin zu entnehmen ist.

Bedenken sollte man, dass durch den Status des "Teilzeitstudenten" die Gefahr besteht, so ziemlich sämtliche soziale Vergünstigungen als Student zu verlieren (von BAföG bis zu Kindergeld und Krankenversicherung etc.)

Anhand dieser weniger Beispiele wird deutlich, dass auch an der FU Berlin das Teilzeitstudium eher als Ausnahme von der Regel des Vollzeitstudiums angesehen wird. Da viele Studierende aus gutem Grund ihren Status als Studierende nicht verlieren wollen, studieren sie ein Teilzeitstudium und sind weiterhin als Vollzeitstudierende eingeschrieben.

Schnell werden dadurch aus einfachen Teilzeitstudierenden sogenannte problematische Langzeitstudenten - die durch schikanöse Zwangsberatungen und Zwangsauflagen aus der Universität gemobbt werden sollen.

Wir Langzeitstudis / Teilzeitstudis gegen Studiengebühren kämpfen daher weiter für eine individuell festlegbare Studiendauer. Wir lassen uns nicht aus der Universität herauswerfen, weil wir angeblich "zu lange" studieren! Teilzeit- und Langzeitstudium für alle! (und zwar umsonst!)

Langzeitstudenten haben Arbeit! (und Kinder!)

Der Kölner Stadt-Anzeiger versucht Erstsemestern zu erklären was Langzeitstudis sind:

Langzeitstudent, der. Eine aussterbende Spezies mit extrem schlechtem Image. Beim Langzeitstudenten ist einfach alles lang: das Studium, die Haare, die Leitung und wahrscheinlich sogar das Vorstrafenregister. Natürlich schläft er auch lang und ist langweilig. So will es zumindest das Bild des Langzeitstudenten in der Öffentlichkeit. Dass Langzeitstudenten oft einfach nur viel arbeiten oder Kinder haben, wird dabei unterschlagen. (KStA 10.10.2006

Und dabei hat der Stadtanzeiger so recht: Langzeitstudis sind gar nicht gefährlich und langweilig! Sie arbeiten einfach lange!!! Oder kümmern sich um ihre Kinder!!!. Das sind positive Beschäftigungen um das Image des Langzeitstudenten langfristig wieder ins Positive zu wenden. Wer hat denn heutzutage noch Kinder oder Arbeit? - die Langzeitstudenten!

Das Langzeitstudium als zukunftsweisendes Bildungsmodell

Die Langzeitstudierenden sind die zukunftsweisendste Gruppe unter den
Studierenden - die alle Fähigkeiten entwickeln können, die in der
postmodernen Gesellschaft immer wichtiger werden:
http://www.stud.uni-hannover.de/~dju/langzeit.pdf

Gebühren für »Langzeit«-Studierende? Fakten zur Debatte

Schriftenreihe des ABS, Heft 3 - überarbeitete 3. Auflage
Gebühren für »Langzeit«-Studierende?
Das Aktionsbündnis gegen Studiengbühren (ABS) - beim fzs hat eine Schriftenreihe herausgegeben.
Das Studium an den Hochschulen in Deutschland dauere zu lange, heißt es häufig. Als Konsequenz wird in immer mehr Bundesländern überlegt, so genannte LangzeitstudentInnen mit speziellen Studiengebühren zu bestrafen.
Wer sind eigentlich diese LangzeitstudentInnen? Wann ist ein Studium zu lange? Wie viele LangzeitstudentInnen gibt es? Aus welchen Gründen verlängert sich ein Studium? Welchen Nutzen haben Strafmaßnahmen? Diese und andere Fragen wollen wir in der vorliegenden Broschüre beantworten. Unser Ziel ist, die Diskussion zu versachlichen und simplen Schuldzuweisungen Fakten und Argumente entgegenzusetzen.
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Gebühren für Langzeitstudis?

"Ich unterschreibe hier aber nicht für Langzeitstudenten, oder?" - Sorgenvoll zögern so manche KommilitonInnen beim Unterzeichnen der Unterschriftenaktion des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS). Man halte ja "eigentlich" auch nichts von Studiengebühren, "aaaber" einen Sündenbock braucht man dann doch noch. Der Mythos der schmarotzenden "LangzeitstudentInnen" wird gebetsmühlenartig von StudiengebührenbefürworterInnen wiederholt.

Natürlich wendet sich das ABS und dessen Unterschriftenaktion gegen jedwede Form von Studiengebühren. Und das aus gutem Grund. Gerade "Langzeit"studiengebühren werden gerne als Wegbereiterinnen für allgemeine Studiengebühren verwendet. So müssen die KommilitonInnen in Baden-Württemberg 1000 Mark pro Semester zahlen, wenn sie die Regelstudienzeit um mehr als vier Semester überschritten haben - und nun plant der dortige Wissenschaftsminister Trotha den nächsten Schritt, nämlich allgemeine Gebühren.

Vor einigen Jahren war noch überall zu hören, dass "lange" Studienzeiten angesichts der schlechten Ausstattung der Hochschulen und der problematischen Finanzlage der StudentInnen unvermeidbar sind. Diese Stimmen sind weitgehend verstummt, obwohl sich an beiden Sachverhalten nichts zum Positiven, sondern eher zum Negativen entwickelt hat.

"Wissenschaftliche Untermauerung" erhält die x-te Auflage der SozialschmarotzerInnenkampagne durch zwei Mannheimer WirtschaftswissenschaftlerInnen, die auf einer mehr als unwissenschaftlichen Befragung von 418 StudentInnen fußt. Demnach ist der StudentInnenausweis 1187 Mark pro Semester wert. Die, um es höflich zu formulieren, methodische Fragwürdigkeit der Zahlen kommt bei den genannten Vergünstigungen zum Ausdruck: Da wird das Semesterticket genannt - doch kein Verkehrsbetrieb zahlt dabei drauf. Bankkonten und Zeitschriften seien billiger - doch handelt es sich hierbei vor allem um Werbemaßnahmen für potentielle zahlungskräftige StammkundInnen. Und die Befreiung von Rundfunkgebühren erhalten alle Menschen mit geringem Einkommen - nicht nur StudentInnen. Darüber hinaus wird dabei völlig ausgeklammert, dass StudentInnen von Sozialleistungen wie Wohngeld und Sozialhilfe ausgeschlossen sind und dass mittlerweile nur noch drei Jahre Studium auf die Rente angerechnet werden. Eine seriöse Studie käme höchstwahrscheinlich zu dem Ergebnis, dass "LangzeitstudentInnen" niemand anderem auf der Tasche liegen als sich selbst.
http://www.al.uni-koeln.de/info/52/0304.html

langzeitstudis gegen studiengebühren

länger studieren - ohne gebühren!

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